Der mikrobielle Abbau von Holz und Laub im Breitenbach unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung extrazellulärer Enzyme

Einleitung / Fragestellung

Untersuchungsraum / Methodik

Ergebnisse


 

Kontakt: Björn Hendel, Limnologische Fluss-Station des Max-Planck-Instituts für Limnologie, Damenweg 1, 36110 Schlitz Telefon: 06642-9603-0, Fax: 06642-6724 eMail: bhendel@mpil-schlitz.mpg.de
 
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Einleitung / Fragestellung

Organisches Material in Form von Holz und Blättern wird kontinuierlich über das gesamte Jahr in Fließgewässer eingetragen, für Laub gibt es ein Maximum im Herbst. Damit bieten Holz und Blätter eine wichtige Nahrungsgrundlage für aquatische Mikroorganismen, die die Fähigkeit besitzen, durch die Bildung und Freisetzung extrazellulärer Enzyme die hochmolekularen Inhaltsstoffe von Holz und Blättern zu spalten, zu verwerten und anderen Organismen verfügbar zu machen. Bislang wurde lediglich der Abbau von Blättern in Fließgewässern intensiv untersucht, über den Abbau von Holz ist wenig bekannt. Allerdings liegen auch nur wenige Untersuchungen über die Beteiligung von Mikrorganismen am Abbau von Laub vor. Die vorliegende Arbeit hatte zum Ziel, Unterschiede im Abbauverhalten von Holzarten einerseits und zu Blättern andererseits offenzulegen. Insbesondere sollte die kaum bekannte Rolle der Mikroorganismen, speziell der Bakterien und Pilze, beim Abbau dieses Material erfaßt werden. Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf die Beteiligung extrazellulärer Cellulose und Lignin abbauender Enzyme gerichtet. In diesem Zusammenhang sollte das auf Wasserproben anwendbare Bestimmungsverfahren für extrazelluläre Enzyme durch fluorigene Modellsubstrate auf Holz und Blätter angepaßt werden.
 

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Untersuchungsraum / Methodik

Die Untersuchungen wurden am Breitenbach durchgeführt, einem kleinen Mittelgebirgsbach 1. Ordnung in Osthessen. Als Probenmaterial dienten Laub und Holz der Baumarten Buche (Fagus sylvatica) und Erle (Alnus glutinosa), beide Arten kommen im Breitenbachtal häufig vor. Zur Inkubation der Blätter wurden jeweils 5 g frisches Blattmaterial in quadratischen Flaschen mit Seitenwänden aus Polyethylengaze (Maschenweite 500 µm) verwendet, frisches Holz wurde in Form von Würfeln der Kantenlänge 1 cm exponiert. Die Probennahmen erfolgten für Holz zwischen April 1997 und Juli 1998 zunächst im wöchentlichem, nach einem Monat der Exposition der Proben in vierwöchigem Turnus, für Blätter zwischen November 1997 und Juli 1998 in gleichen Probenintervallen.

Die cellulolytischen Enzyme b-D-Glucosidase, b-Xylosidase, Cellobiohydrolase und Endocellulase sowie die ligninolytischen Enzyme Phenoloxidase und Peroxidase wurden jeweils am Tage der Probennahme in ihrer Aktivität bestimmt, während die Begleitparameter Ergosterol-, Lignin- und Phospholipidgehalt zu späterem Zeitpunkt aus demselben Material einer Probe, das gefriergetrocknet wurde, festgestellt wurden. Als weiterer wichtiger Parameter wurde der Masseverlust bestimmt.
 

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Ergebnisse

Die Trockenmasse der Proben nahm ab Versuchsbeginn kontinuierlich ab. Sowohl bei Holz als auch bei Laub war die Masseabnahme bei Erle jeweils größer als bei Buche. Bei Laub mußte nach 9 Wochen für Erle die weitere Untersuchung wegen des fast vollständigen Abbaus eingestellt werden, für Buche wurden die Probennahmen bis zur Woche 31 nach Versuchsbeginn fortgesetzt. Die Trockenmasse betrug dann noch 10 % der Ausgangstrockenmasse und bestand nur noch aus Blattskelettbruchstücken. Bei den Holzproben wurden Probennahmen über 16 Monate durchgeführt, dann begann Erlenholz zu zerbröckeln und bedingte die Einstellung der Probenserie. Am letzten Probentermin waren bei Buche noch 28 % und bei Erle noch 11 % der Ausgangstrockenmasse vorhanden.

Die Methode der Bestimmung extrazellulärer Enzyme durch fluorigene Modellsubstrate konnte erfolgreich auf die organischen Substrate Holz und Blätter angepaßt werden. Die extrazellulären Enzyme waren spätestens zwei Wochen nach Versuchsstart auf den Holzproben bestimmbar, was eine schnelle Besiedlung durch Mikroorganismen anzeigt. Auf den Blattproben waren sie bereits zum ersten Probentermin nachzuweisen, ihre Aktivität stieg rasch an.

Die cellulolytischen Enzyme b-Glucosidase, b-Xylosidase und Cellobiohydrolase zeigten über den gesamten Probenzeitraum bei beiden Substraten keinen augenscheinlichen Trend. Die Aktivität der b-Glucosidase lag stets fast eine Größenordnung über der der beiden anderen Enzyme. Die Endocellulase nahm in ihrer Aktivität für Holz und Blätter vom Probenbeginn bis zum Versuchsende stetig zu. Auf Erle war die auf Trockenmasse bezogene Aktivität der cellulolytischen Enzyme fast immer höher als auf Buche, und die Blattproben zeigten eine deutlich höhere Aktivität im Vergleich zu Holz.

Anders verhielt sich die Aktivität der ligninolytischen Enzyme Phenoloxidase und Peroxidase. Sowohl bei Holz als auch bei Blättern nahm die Aktivität zu, stieg artbedingt zeitlich versetzt auf ein Maximum an und sank daraufhin wieder ab. Bei der Phenoloxidase war dieser Trend eindeutiger als bei der Peroxidase. Zum Schluß der Versuchsserien wurden sehr niedrige ligninolytische Aktivitäten bestimmt. Die Aktivitäten auf Erle waren auch bei den ligninabbauenden Enzymen höher als auf Buche, und Blätter zeigten stets höhere Aktivitäten als Holz.

Der Ergosterolgehalt, bezogen auf Trockenmasse, stieg bei den Holzproben während des gesamten Versuchszeitraumes an und erreichte gegen Ende der Exposition ein Maximum. Die absolute Ergosterolmenge pro Holzklotz verzeichnete während der ersten Versuchshälfte einen Anstieg und in der zweiten wieder einen Rückgang auf das Ausgangsniveau. Bei den Blattproben war ebenfalls sowohl für die absolute Angabe (pro Probengefäß) wie bei Bezug auf Trockenmasse ein Anstieg mit sich anschließendem Abfall feststellbar. Insgesamt lag der maximale Ergosterolgehalt auf Holz nach 66 Wochen auf demselben Niveau wie der auf Blättern nach bereits 9 Wochen. Die Ergebnisse zeigen, daß Blätter schneller besiedelt werden als Holz. Außerdem scheinen zu späteren Zeitpunkten der Exposition Pilze in den Hintergrund zu treten, was sich in einem Rückgang des Ergosterolgehaltes äußert.

Der relative Ligningehalt lag für alle Proben zu Versuchsbeginn um 12 % und nahm im Verlauf der Untersuchung zu. Zum Versuchsende wiesen die Holzproben einen durchschnittlichen Ligningehalt um 20 % auf. Bei den Blattproben stieg der relative Ligningehalt bei Buche bis auf ein Niveau um 40 % an und pendelte bis zum Ende um diesen Wert. Bei Erle nahm der Ligningehalt innerhalb von 9 Wochen der Exposition auf beinahe 60 % zu. Die absoluten Ligningehalte pro Probe zeigten einen Rückgang während der Untersuchung. Zwischenzeitlich stiegen die Werte aber auch an. Dies kann durch die Bildung von sogenanntem Artefaktlignin, eine Verbindung von Lignin mit stickstoffhaltigen Komponenten, erklärt werden. Artefaktlignin wird methodisch bedingt als Lignin erfaßt und führt so zu einer scheinbaren Steigerung des absoluten Ligningehalts während der Inkubation. Die Bildung von Artefaktlignin könnte auch als Grund für den Rückgang der ligninolytischen Aktivitäten zu späteren Versuchszeitpunkten in Frage kommen. Als Folge der Artefaktligninbildung wird die Menge des für die Mikroorganismen verfügbaren Lignins reduziert, eine Aktivitätsminderung der ligninabbauenden Enzyme ist die Folge.

Der Verlauf der Phospholipidgehalte zeigte sowohl für Blätter als auch für Holz kein eindeutiges Bild. Bei Blättern bewegten sie sich auf annähernd gleichem Niveau, bei den Holzproben erfolgte nach anfänglichem Verbleiben auf einem Niveau nach 18 Wochen ein drastischer Rückgang der Werte, der durch ein Versetzen der Proben im Bach infolge niedrigen Wasserstandes ausgelöst worden sein könnte. Ab hier war bis Versuchsende ein Trend der Zunahme an Phospholipiden festzustellen, was auf eine permanente Vergrößerung der bakteriellen Besiedlung in der zweiten Hälfte der Untersuchung hindeutet.

Die statistische Auswertung belegte für Holz und für Blätter signifikante Unterschiedlichkeit im Abbau zwischen den beiden Baumarten. Die Korrelationskoeffizienten aus den Daten des Trockenmasseverlusts waren für Holz wie für Blätter signifikant voneinander verschieden. Die durchgeführte ANOVA ergab für beinahe alle bestimmten Parameter (Ausnahmen: Holz: Endocellulase und Phenoloxidase, Blätter: b-Xylosidase) eine signifkante Unterschiedlichkeit zwischen Buche und Erle. Die erhaltenen Daten lassen sich gut in publizierte Studien eingliedern, soweit Daten zur Verfügung stehen. Sie schaffen eine Vergleichsmöglichkeit insofern, als noch keine Studie dieser Art in Europa durchgeführt wurde.

Es konnte gezeigt werden, daß sich Buche und Erle sowohl bei Laub als auch bei Holzproben in ihrem Abbauverhalten signifikant voneinander unterscheiden. Unterschiedliche Holz- und Blattarten stellen den aquatischen Mikroorganismen eine unterschiedliche Nahrungsqualität zur Verfügung, was sich in unterschiedlichem Abbau ausdrückt.