Bedeutung von Totholz in Fließgewässern


Hochwasserrückhalt

Das Totholz stellt im Gewässer ein Hindernis für die Strömung dar. Der Rückstau des Wassers oberhalb dieses Hindernisses führt zu einer Verringerung der Strömungsgeschwindigkeit und der Verzögerung des Abflusses (GREGORY et al. 1985, GURNELL et al. 1995).
Diese Retentionswirkung ist bei Niedrigwasser am größten. Mit zunehmendem Abfluss verringert sich die Wirksamkeit des Totholzes (GREGORY et al. 1985, LISLE 1986). Als Folge der Abflussverzögerung verändert sich der Ablauf der Hochwasserwelle. Die Spitzenwerte werden geglättet und die Dauer des Hochwassers verlängert (GREGORY et al. 1985, MACDONALD et al. 1987).
GIPPEL et al. (1996a) zeigen eine Möglichkeit auf, wie der durch Totholz verursachte Aufstau berechnet werden kann. Ausgangspunkt hierfür ist die von RANGA RAJA et al. (1982) für einzelne Zylinder in einem festgelegten Gerinne ("confined channel") entwickelte Gleichung:

[Formel zur Berechnung des Wassespiegelanstiegs]

Der Fließwiderstand - Koeffizient (debris drag coeffizient) CD errechnet sich aus:

[Formel zur Berechnung des Fließwiderstand-Koeffizienten]

Die Froude Number F errechnet sich aus:

[Formel zur Berechnung der Froude Number]

Der Verdeckungsgrad ("blockage ratio") B errechnet sich aus:

[Formel zur Berechnung des Verdeckungsgrades]

wobei:
Dh= Aufstau als Differenz zum Unterlauf
CD= Fließwiderstands - Koeffizient (debris drag coefficient)
B= Verdeckungsgrad (blockage ratio)
L= Querschnittsbreite, die vom Totholz   eingenommen wird
d= Durchmesser des Totholzes
g= Gravitationskonstante
A= durchströmte Querschnittsfläche
h= Wassertiefe unterhalb
F= Froude Number
FD= Strömungswiderstand
p= Dichte des Wassers
U= Strömungsgeschwindigkeit unterhalb
Ul= Strömungsgeschwindigkeit oberhalb

Bis auf den Fließwiderstand - Koeffizienten, können alle Werte im Gelände erhoben werden. Dieser wurde für verschiedene Formen von Totholz in Gerinneversuchen bestimmt. Es zeigt sich, dass er vor allem von der horizontalen Lage im Gewässer und vom Verdeckungsgrad abhängt (GIPPEL et al. 1996a).
Bei der Anwendung der Methode bereitet die hinreichend genaue Messung des Verdeckungsgrades und der Strömungsgeschwindigkeit Schwierigkeiten.
Die Berechnung der Stauhöhe ganzer Totholz - Ansammlungen ist bisher nicht möglich. Hierfür wurden von GIPPEL et al. (1996a) jedoch Gerinneversuche durchgeführt. Aufgrund von Wechselwirkungen zwischen den Totholz - Elementen kann es, im Vergleich zur Summe der Einzelwirkungen, sowohl zur Verminderung als auch zur Erhöhung des Aufstaus kommen. Die Anordnung mehrerer Zylinder quer zum Gerinne führt zu einer Verminderung der Gesamtwirkung, wobei die Verringerung des Aufstaus vom Abstand zwischen den einzelnen Zylindern abhängt. Je geringer der Abstand zu dem im Oberlauf befindlichen Zylinder, desto geringer ist auch der durch den folgenden Zylinder verursachte Aufstau. Im Gegensatz dazu kommt es bei ungleichförmiger Anordnung der Zylinder, die Totholz - Ansammlungen aus dem Gelände nachempfunden sind, zu einer Erhöhung der Gesamtwirkung.

Zusammenfassung

Die Ergebnisse der Gerinneversuche von GIPPEL et al. (1996a) zeigen, dass der durch Totholz verursachte Aufstau maßgeblich von der horizontalen Lage des Totholzes im Gewässer und dem Verdeckungsgrad bestimmt wird.
Auf welche Art und Weise und in welchem Umfang die Lage einzelner Totholz - Elemente innerhalb einer Akkumulation die Gesamtwirkung beeinflusst, ist bisher noch nicht ausreichend geklärt. Obwohl die Gerinneversuche von GIPPEL et al. (1996a) nahelegen, dass sich die aufstauende Wirkung mit abnehmendem Abstand der einzelnen Totholz - Elemente verringert, können die Ergebnisse nicht ohne weiteres ins Freiland übertragen werden, da sich ähnliche Effekte bei Versuchen mit weniger artifiziellen Totholz - Anordnungen nicht nachweisen ließen.