Neben dem Abstract ist auch eine ausführliche Version der Diplom - Arbeit im Internet veröffentlicht. Kontakt: Jochem Kail, Weinheimstr. 20, 53229 Bonn, Tel. 0228 /44636-33,
eMail: jochem.kail@umweltbuero-essen.de
Ziel der hier vorgestellten Untersuchung war es, ausgewählte
naturnahe Gewässerabschnitte hinsichtlich des gewässerökologischen
Faktors "Totholz" zu beschreiben und zu bewerten, um eine erste Vorstellung
vom aktuellen Zustand der Totholz - Ausstattung einiger Gewässer im
Tiefland von Nordrhein - Westfalen zu erlangen. Es handelt sich hierbei
um sieben Bäche, die im Rahmen der Erstellung von Leitbildern als
Referenzgewässer dienen und sicherlich zu den naturnähsten Fließgewässern
in diesem Naturraum zählen.
Beschreibung der Totholz - Ausstattung: Da bisher kein Verfahren zur Erfassung der Totholz - Ausstattung in
Fließgewässern in Hinblick auf dessen gesamtökologische
Wirkung existiert, wurde hierfür zuerst eine zweckmäßige
Kartiermethodik entwickelt. Auf Grundlage einer Literaturrecherche wurden
insgesamt 11 Parameter ausgewählt, die geeignet erscheinen, die Wirkung
von Totholz auf das Ökosystem Fließgewässer zu beschreiben.
Dies sind Totholz - Menge (Holzvolumen und Oberfläche), horizontale
Lage des Totholzes zur Strömung, vertikale Lage des Totholzes im Gewässerquerschnitt,
Verteilung der Anzahl der Holzstücke und des Totholz - Volumens im
Längsverlauf, die von Totholz verdeckte Querschnittsfläche, Vorkommen
und Fallhöhe von Totholz - Dämmen, Lagestabilität des Totholzes,
Baumart, Zerfallsgrad, Zustand der Borke und Eintrags - Ursache.
Bewertung der Naturnähe der Totholz - Ausstattung: Zur Bewertung der Naturnähe der Totholz - Ausstattung wurden die
Kriterien "forstliche Nutzung und Breite des uferbegleitenden Bestandes",
"Unterhaltung des Gewässers", "Anteil des anthropogen eingetragenen
Totholzes" sowie "Artenzusammensetzung im Vergleich zur potentiell natürlichen
Vegetation" herangezogen.
Totholz - Menge: Im Vergleich zu den in der Literatur genannten Totholz - Volumen naturnaher Fließgewässer in Mitteleuropa (ECKERT et al. 1996, HERING & REICH 1997, WEIß 1998), weisen die sieben Untersuchungsabschnitte geringe bis mittlere Werte von 1,7 dm3 - 4,1 dm3 pro Quadratmeter Sohlfläche auf (Abb.1). Das Totholz - Volumen der einzelnen Totholz -Elemente, ohne Berücksichtigung der Akkumulationen, beträgt lediglich 0,7 dm3 - 2,2 dm3 pro Quadratmeter Sohlfläche.
Abb.1: Zusammenstellung der Totholz - Volumina naturnaher Fließgewässer in Mitteleuropa (Daten der vorliegenden Arbeit, WEIß 1998, HERING & REICH 1997, ECKERT et al. 1996) und nordamerikanischen Autoren (HARMON et al. 1986, TRISKA & CROMACK 1980). Das Totholz - Volumen wird auf die Sohlfläche bezogen. Die unterschiedlichen zugrunde liegenden Totholz - Definitionen sind in der Legende angegeben. Im Gegensatz dazu findet sich in den nordamerikanischen Gewässern
mit einem vier- bis neunzigfachen Volumen eine weitaus größere
Totholz - Menge. Da es sich ausschließlich um Untersuchungen
handelt, die in Laubwäldern ("hardwood - forests") durchgeführt
wurden, läßt sich die größere Totholz - Menge nicht
durch den sehr viel langsameren Zerfall von Koniferen im Vergleich zu den
heimischen Laubbaumarten erklären. Aufgrund der hohen natürlichen
Variabilität, vor allem des Totholz - Eintrags, durch Katastrophenereignisse
wie Windwurf und Insektenkamalitäten, Relief und dem Alter des Waldbestandes,
sollte dieser Vergleich der Totholz - Volumina nicht zur Bewertung der
Naturnähe der Totholz -Ausstattung herangezogen werden. Sofern keine
anthropogene Störungen vorliegen, ist nicht auszuschließen,
daß die vorgefundenen Totholz - Ausstattung dem heute potentiell
natürlichen Zustand nahekommt. Dieser kann auch durch solch geringe
Totholz - Volumen gekennzeichnet sein.
horizontale Lage zur Strömung: An allen Gewässern befindet sich ein überproportional großer Teil der Totholz - Strukturen in einer strömungsparallelen Lage (0°- 30°), was auf eine Verlagerung des Totholzes durch die Strömung schließen läßt. Selbst wenn man den Einfluß des Totholz - Eintrags vom Ufer her und die damit verbundene Dominanz der Lage quer zum Gewässer vernachlässigt, dürfte bei zufälliger Verteilung nur ein Drittel der Totholz - Strukturen in dieser Lageklasse vorkommen. Mit Ausnahme eines Gewässers handelt es sich dabei um einen statistisch signifikanten Unterschied (c2- Anpassungstest, p < 0,01). Verteilung des Totholz - Volumens im Längsverlauf: Mit zunehmender Gewässerbreite ist das Totholz - Volumen im Längsverlauf
heterogener verteilt. Die zwei Gewässer mit geringer durchschnittlichen
bordvollen Breite von lediglich 1,2 m bzw. 1,4 m weisen keine natürlichen
Totholz - Akkumulationen auf. In den Untersuchungsabschnitten mittlerer
Breite (2,2 m - 3,9 m) liegen die Akkumulationen, welche etwa die Hälfte
des Totholz - Volumens bilden, noch quer zur Strömung, wohingegen
sie an den größten Gewässern (7,5 m - 10,5 m) vorwiegend
eine strömungsparallele und ufernahe Lage einnehmen. Das Fehlen von
quer zum Gewässer liegenden Akkumulationen mit hoher morphologischer
Wirksamkeit ist sicherlich auch darauf zurück-zuführen, daß
an den breiten Untersuchungsgewässern durch die intensive Räumung
großer Totholz - Elemente Hindernisse fehlen, an denen sich solche
Strukturen bilden könnten. Die hier untersuchten sieben Gewässerabschnitten
weisen hinsichtlich der übrigen Parameter keine deutlichen Unterschiede
auf.
Wie die Ergebnisse der hier durchgeführten Kartierung zeigen,
reicht es zur Charakterisierung der Totholz - Ausstattung nicht aus, lediglich
das Totholz - Volumen zu bestimmen. Die Totholz - Oberfläche, die
Verteilung der Totholz - Strukturen und deren Volumen im Längsverlauf,
dem Vorkommen von Akkumulationen sowie deren horizontale Lage zur Strömung
sind weitere wichtige Parameter, die eine Differenzierung der Totholz -
Ausstattung ermöglichen und daher zur Beschreibung derselben herangezogen
werden sollten.
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