Bedeutung von Totholz in Fließgewässern



 

Sohlerosion

Totholz ist eine der möglichen Ursachen für die Entstehung von Pools in Fließgewässern. Die durch Totholz gebildeten Pools lassen sich entsprechend der Klassifikation von ROBISON & BESCHTA (1990b) in folgende Typen einteilen:

Pool-Typen Klassifikation

Abb.2: Klassifikation von Pools (aus ROBISON & BESCHTA, 1990b, S. 151, verändert)


  Ablenkungs - Pool (deflector pool):

Erosion der Sohle oder des Ufers, verursacht durch die Ablenkung der Strömung durch Totholz


  Absturz - Pool (plunge pool):

Erosion der Sohle direkt unterhalb von Totholz - Dämmen


 
  Unterströmungs - Pool (underflow pool):

erhöhte Strömungsgeschwindigkeit durch Einengung der Höhe verursacht Sohlerosion


 
  Stau - Pool (dam pool):

Bereiche von durch Totholz aufgestautes Wasser (wird im Kapitel "Stau - Becken Bildung" gesondert behandelt)


Die Klassifikation der Pools geht auf eine Arbeit von BISSON et al. (1982 zitiert in ROBISON & BESCHTA 1990b) zurück, in der neben den Ablenkungs -, Absturz -, und Stau - Pools der Typ des Stillwasser - Pools aufgeführt ist. Darunter werden Stillwasserbereiche auf der bachabwärts gelegenen Seite des Totholzes verstanden (BILBY & WARD 1989, 1991, FAUSCH & NORTHCOTE 1991). Sie werden im Kapitel "Schaffung von Stillwasserbereichen" gesondert behandelt.
Dieser von BISSON et al. (1982 zitiert in ROBISON & BESCHTA 1990b) beschriebene Typ des Stillwasser - Pools entfällt in der Klassifikation von ROBISON & BESCHTA (1990b) . Ein Grund hierfür könnte die Tatsache sein, dass im Unterschied zu den übrigen Pool - Typen die primäre Wirkung der Stillwasser - Pools nicht in der Ausbildung von tiefen Gewässerabschnitten, sondern in der Bereitstellung von strömungsberuhigten Zonen besteht.
Die Stau - Pools entstehen im Gegensatz zu den Ablenkungs -, Absturz - und Unterströmungs - Pools nicht durch die Erosion der Sohle, sondern durch den Aufstau von Wasser im Oberlauf des Totholzes. Da hier die Wirkung von Totholz auf die Sohlerosion und die damit verbundene Bildung von Pools behandelt werden soll, werden sowohl die Stillwasser -, als auch die Stau - Pools nicht betrachtet.

Pool - Bildung durch Totholz

Mit Hilfe von Gerinneversuchen konnte der Einfluss der horizontalen Lage des Totholzes auf die Tiefe und Fläche der Pools quantifiziert werden (CHERRY & BESCHTA 1989). Die tiefsten und größten Pools entstehen danach durch quer zur Strömung liegendes Totholz (90°). Mittelgroße Pools bilden sich an bachaufwärts orientiertem Totholz (30°, 60°). Die geringste morphologische Wirksamkeit hat die Lage bachabwärts (120°, 150°) (vgl. Abb.3).
KAIL (2003) konnte für einige Gewässerabschnitte in Nordrhein-Westfalen (Deutschland) nachweisen, dass die durch einzelne Sturzbäume verursachten Pools innerhalb eines bis weniger Jahre entstanden sind. Das Pool-Volumen liegt mit 424-699 m3/ha im oberen Bereich der Pool-Volumen die CARLSOON et al. (1990) für kleine Gebirgsbäche in Oregon, USA angibt (229-755 m3/ha). Selbst in dem von KAIL (2003) untersuchten Tieflandgewässer mit geringem Gefälle erreicht das Kolkvolumen durch die Sturzbäume lokal Werte, die mit nordamerikanischen Verhältnissen vergleichbar sind. Neben den durch die Veränderung der Strömungsverhältnisse gebildeten Pools entstehen durch einen natürlichen Totholz-Eintrag zusätzliche Kolke, z.B. im Bereich des Wurzeltellers umgestürzter Bäume (persönliche Beobachtung).

Pool-Formen und Tiefen aus Gerinneversuchen

Abb.3: Ausbildung von Pools in Abhängigkeit von der horizontalen Lage des Totholzes im Gerinne. "X" gibt die Lage der tiefsten Stelle des Pools an (aus CHERRY & BESCHTA, 1989, S. 1034, verändert)


Bedeutung der Pools als Habitat der Fischfauna

Die Bildung von Pools durch Totholz und die damit verbundene Erhöhung der Strömungs- und Tiefenvariabilität, erhöht sowohl die Menge als auch die Vielfalt des der Fischfauna zur Verfügung stehenden Lebensraumes (LISLE 1986).
Pools dienen den Fischen, vor allem bei sommerlichem Niedrigwasser, wenn andere Bereiche der Sohle nur sehr geringe Wassertiefen aufweisen, als Zufluchtsort (LISLE 1986, CARLSON et al. 1990, GURNELL et al. 1995,). Sie bieten darüber hinaus Schutz vor terrestrischen Prädatoren (MASER & SEDELL 1994). Unterhalb turbulenter Strömung, z.B. nach Totholz - Dämmen, kann es durch das aufgewirbelte Sediment zur Trübung des Wassers kommen. Dieser Sichtschutz dient nach ANGERMAIER & KARR (1984 zitiert in GURNELL et al. 1995) als Tarnung vor Prädatoren.
Bei Hochwasser bilden Pools Bereiche mit geringer Strömungsgeschwindigkeit, in denen sich Fische bevorzugt aufhalten (LISLE 1986, ROBISON & BESCHTA 1990a, BILBY & WARD 1989, HARMON et al. 1986). Dies trifft wohl weniger auf die, an Orten hoher Strömungsgeschwindigkeit entstandenen, Ablenkungs -, Absturz - und Unterströmungs - Pools, als auf die Stau - und Stillwasser - Pools zu.
In einigen Fällen scheint das Vorkommen von Pools ein Faktor zu sein, der die Populationsgröße limitiert. So konnten FAUSCH & NORTHCOTE (1991) in einem Gewässer in British Columbia, Kanada, eine positive Korrelation zwischen der Biomasse der dort vorkommenden Regenbogenforelle (Oncorhynchus kisutch) und dem Pool - Volumen feststellen.
Verschiedene Entwicklungsstadien und Arten bevorzugen unterschiedliche Pool - Typen (BISSON et al. 1982 zitiert in BILBY & WARD 1989), sodass eine Änderung der Verteilung der Pool - Typen durchaus Einfluss auf die Artenzusammensetzung der Fischfauna haben kann (BILBY & WARD 1989). So halten sich Jungfische bevorzugt in flachen Pools auf, in denen sie noch nicht mit den ausgewachsenen Individuen konkurrieren müssen, die wiederum auf tiefere Pools angewiesen sind (BESCHTA & PLATTS 1986).
Um einen natürlichen Fischbesatz zu ermöglichen, sollten die Fließgewässer deshalb eine der natürlichen Verteilung an Pool -Typen entsprechenden Pool - Ausstattung besitzen (ROBISON & BESCHTA 1990a).

Zusammenfassung

Schon durch einzelne Sturzbäume können sich Pools mit einem beträchtlichen Volumen bilden (7-36 m3, KAIL, 2003). Die Entstehung und Größe (Volumen) der Pools scheint vom Volumen des Totholzes, der Lage im Gewässer und dem Verdeckungsgrad (Anteil des Gewässerquerschnitts, der vom Totholz eingenommen wird) abhängig zu sein (HARMON et al. 1986, BILBY & WARD 1989, ROBISON & BESCHTA 1990a, CHERRY & BESCHTA 1989, KAIL 2003). Eine geklumpte Verteilung des Totholzes in wenigen Ansammlungen konzentriert die Bildung von Pools auf wenige Stellen im Gewässer und führt so zu einer völlig anderen Pool - Ausstattung als gleichmäßig über das Gewässer verteiltes Totholz (ROBISON & BESCHTA 1990a).
Die Einteilung der Pools bei BISSON et al. (1982 zitiert in ROBISON & BESCHTA 1990b) und ROBISON & BESCHTA (1990b) orientiert sich an der Entstehungsart. Es erscheint als legitim anzunehmen, dass die Entstehung der Pools in den hiesigen Gewässern prinzipiell auf gleiche Weise erfolgt. Totholz kann entsprechend der entstehenden Pool Typen (Ablenkungs -, Absturz - und Unterströmungs - Pools) klasssifizert werden.